Die Prozession der Käfer

„Hausoper“ für Sopran und andere Säugetiere (sprechenden Sänger, Streichquartett und zwei KomponistInnen)

von Manuela Kerer und Daniel Oberegger


Sängerin: Emi Pattis

Sänger: Leo Ploner

Violine I: Barbara Palfrader

Violine II: Lukas Riemer

Viola: Eva Silbernagl

Violoncello: Ulrich Filippi Oberegger

Komponisten: Daniel Oberegger und Manuela Kerer

Kostüme: Matthias Unterkircher


Bühnenbild: Die Welt, wie sie ist

Regie: Alle, die das Bühnenbild beleben

Aufführungen:

31.05.2008 „Haus Kerer“, Brixen

01.06.2008 „Haus Oberegger“, Bozen

08.06.2008 Innsbruck

Libretto:

Die Prozession der Käfer
Oper für Sopran und andere Säugetiere
von Manuela Kerer und Daniel Oberegger

FORM: 2 4 2 3 1 2 2 4 5 2 7 6
(entspricht auch den 12 Szenen A bis L)


Personen:

Sängerin (S)
Sprecher (Spr)
Manuela (M)
Daniel (D)
Streichquartett (Vl I, Vl II, Vla + Cello)

A

M + D: Würfel im Richterhut innen die Runde schwenken, von den Ecken des Raums starten und ins Zentrum gehen.
S: Nachdem das Geräusch anfängt, Mundbewegungen machen, als würde man Koloraturarien singen, aber dabei stumm bleiben.
Spr: Ein Schild vor die Brust der Sängerin halten mit der Aufschrift: "Die Prozession der Käfer"
Spr: Macht gestikulierend Sprechbewegungen, aber stumm.
S: Sie hält ein Schild vor die Brust des Sprechers mit der Aufschrift: "Oper für Sopran und andere Säugetiere".
S: Erneut Singbewegungen, stumm.
Spr: Er hält ein Schild vor die Brust der Sängerin mit der Aufschrift: "Von Manuela Kerer und Daniel Oberegger".
M + D: Lassen die Würfel auf den Boden fallen.
Spr: Sagt die Summe der beiden Würfelangaben.
Chor: Marienkäfer, Maikäfer, Mistkäfer, Borkenkäfer.
Spr: Wer sagt denn, dass wahr ist was wahr ist?
Wer meint noch, das Schlechte sei schlecht?
Und gut sei er selbst und wer Gutes tut?
Und das Recht sei noch echt und gerecht?
Wer kennt sich noch aus in der Gegenwart?
Wer wahrt sich den Ü-hü-berblick?
Und ist nicht im Denken und Tun erstarrt
Und lebt ganz in Ruhe und Glück?

B

D: singt leise, tibetische Mönche nachahmend, unverständliche Mantras
Spr: Jetzt ist immer.
Die Zeit ist da, der Raum offen…
S: …aber wir haben eine Einteilung - und die hat eine Form:
M + D: Zwei, vier, zwei, drei, eins, zwei, zwei, vier, fünf, zwei, sieben, sechs.
Spr+S: Was ist denn das? Was ist denn das?
M: Das sind 12 Ziffern in der Welt.
Spr+S: Das ist schon was. Das ist schon was.
D: In diesem Fall 12 Ziffern.
Spr+S: Was ist denn das? Was ist denn das?
M: Ein Fall ist, dass 12 Ziffern sind.
Spr+S: Das ist schon was. Das ist schon was.
D: Die Welt ist, was der Fall ist,
Spr: …der Fall im Sinn von Fallen.
S: Wir fallen durch die Zeit.
Spr (setzt sich eine Mütze auf): Das Objektive sitzt gut. Es passt. Die Umstände sind immer günstig für das, das ist.
S: Und wenn es nicht so wäre?
Spr: Wäre es anders, wären diese anderen die objektiven Umstände, und
Spr+M+D: günstig und günstig und günstig…
Spr: …für das, was wäre.
S: Aber dann wollen wir alles genauer wissen.
D: Und dann wollen wir alles besser eingeteilt haben.
Spr. (kratzt sich am Kinn und Bauch): Denn dann wollen wir uns auf ewige, unveränderliche Gesetzmäßigkeiten, auf Ziffern, Zahlen und andere Gegenstände ewigen Seins berufen…
S+Spr+D: …aus Furcht vor Fehlern.
Spr: Im tatsächlichen Zustand der Welt gibt es natürlich keine Fehler. Was geschieht, geschieht fehlerlos.
S: Dabei stellen sich Mittel und Pläne, die eingesetzt werden…
M: Dabei stellen sich Gesetze und Regeln, die aufgestellt werden…
M+D teilen Ziffern aus, je 6 pro Kopf.
S: Nimmt ihre Noten vom Pult und schlägt sich damit im Rhythmus gegen die Stirn.
Spr: Dabei stellen sich Kontrollen und Kontrollen und Kontrollen, die durchgeführt werden…
D tastet M von oben bis unten ab, wie es die Polizei am Bahnhof oft macht.
Spr: …um keine Fehler zu machen…
S: …um Fehler zu vermeiden…
D: …um eventuelle Fehler, die schon gemacht wurden, auszubessern…
Spr: …meistens als die großen Fehler heraus,
S: die größeren Fehler,
M+S+Spr: die allergrößten Fehler,
S+Spr+D: und das sieht, natürlich im Nachhinein
jeder immer wieder ein und jeder immer wieder ein.
und das sieht, natürlich im Nachhinein
jeder immer wieder ein.
D + M: murmeln beide Mantras.
Spr+S: Von Vornherein, von Vornherein,
da planen wir und planen wir schon die nächsten Fehler.
Spr: Solch ein zweckloser Plan und Fehler wurde bereits ausgeheckt: Nämlich:
S+M: Oh! Zeigen durch sich ändernde Abstände der Handflächen verschiedene Längen an.
D: Es sollen zwölfe sein, wie die Monate im Jahr, aber von unterschiedlicher Länge.
S+Spr (mit großem Ausdruck und Gebärde): Oh! Rechnen stirnrunzelnd mit den Fingern.
M: Es sind 12 Ziffern, wie die Ziffern von 1 bis 12, aber manche wiederholen sich, andere kommen gar nicht vor, und sie sind auch nicht der Größe nach geordnet.
S+Spr (mit übertriebenem Ausdruck und Gebärde): Oh! Formen mit den Händen einen Gugger und schauen in den Himmel.
D: Wie die 12 Sternbilder sind alle 12 verschieden, aber niemand würde sie bemerken, wenn er nicht ausdrücklich darauf hingewiesen würde, und dies gilt natürlich auch für unsere Einteilung, die da lautet:
S+Spr: 242, 3122, 452, 76.
D + M murmeln beide Mantras
Spr: Nochmals, zum Mitschreiben, Auswendig lernen oder in Grabsteine einzumeißeln (die Akzente durch Stampfen mit den Füßen verstärken, dass eine Art asymmetrischer Tanz entsteht): Zwe-i, vie-rie-rie-rier, zwe-i, dre-i-i, eins, zwe-i, zwe-i, vie-rie-rie-rier, fü-hü-hü-hü-hünf, zwe-i, sie-be-nie-be-nie-be-ben, se-und-e-he-und-echs.
S: An diesem Beispiel sieht jeder, wie wahnsinnig sinnvoll und wichtig es ist, eine Einteilung zu haben.
Spr: Nun zum Wetter: Die Wolken schweben am Himmel, die Bäume stehen auf dem Boden, außer bei sehr heftigen Wirbelstürmen. Wenn die Sonne scheint, ist es im Allgemeinen heller. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

C

S: Sieht dem Sprecher beim Grübeln zu.
Spr: Kopf in Hand stützen, ins Leere schauen, grübeln, aber nur Mimik.
Vl 1: geht inzwischen zu Radio im nächsten Raum. Radiorauschen, durch ständiges Laut-Leise-Schalten.
M+D: wandern besorgt zwischen den beiden Räumen, stumm sich über die undisziplinierte, blöde Geigerin ärgernd.
Alle nach einiger Zeit ins nächste Zimmer wandern. Notenständer und andere Utensilien mitnehmen, wie Marionetten rhythmisch, leerer Blick.
Cello: offensichtlich seeehr genervt ob des Aufwandes... wilde Anstalten mit dem groooßen Cello machend.
Spr (dazu sprechen, sehr rhythmisch und akzentuiert): Dir fehlt die richtige Information.
Cello: warten, bis alle Utensilienabgestellt sind und alle anderen längst sitzen, dann auf Stuhl plumpsen.
S: Was ist denn die richtige Information?
S (pathetisch): Zu wissen, welche Information wann und wozu die richtige ist.
M+D zucken wie Marionetten mit den Achseln und dirigieren sich mechanisch zu.
S: Also Meta- Information, Meta- Information, Meta- Information.
Spr (ganz steif sitzen, Blick ins Leere, Kopf im Takt schräg wippen): Wo steht die? Im Fernsehen beim ORF? Beim ZDF? (so schnell es geht SCHREIEN, aber verständlich): Oder tut der Berluschga sie senden?
S (sofort: richtiger Angstschrei, zum Fürchten... geht über in "Indianer"): Ah! Auch.
Spr (ziemlich schnell...): Im Internet beim Google und Yahoo?
S (sofort: richtiger Angstschrei, zum Fürchten... geht über in "Indianer"): Ah! Auch.
Spr (extrem schnell, gehetzt, aber verständlich): In der Tessmann- Bibliothek? Im Hugen- Dubel- Buchgeschäft?
S (sofort: richtiger Angstschrei, zum Fürchten... geht über in "Indianer"): Ah! Auch.
Spr ("normal"): Und wie tu ich erkennen, welche die richtige Meta- Information ist?
M+D zucken wie Marionetten mit den Achseln und dirigieren sich mechanisch zu.
S: Mit mit Meta- Information, und Meta- meta- meta- Information, und Meta- meta- meta- meta- Information.
M+D+Sprecher: einhängen und schunkeln... (wie Marionetten)
Spr: Gut, dass es das gibt, jetzt tu ich alles wissen. Denn: Was gibt es objektiveres als einen Tatbestand? Einen Sachverhalt? Eine Rahmenbedingung. Nun sind es aber gerade die Rahmenbedingungen, Sachverhalte und Tatbestände, die uns an allem hindern, und damit hindern sie uns auch an der Objektivität. Objektiv ist die Folge…
M+D schalten zwischendurch an den Radiogeräten herum und sagen mit mechanischer Computerstimme Wörter wie: "Metainformation, Tatbestand, Sachverhalt, Rahmeninformation".
Spr (betont, nachdrücklich): …242312245276. Das ist fad. Alles ist fad, denn ich bin fad. Ich langweile mich, und mein Ich langweilt sich mit sich selbst am allermeisten…
S (Schmerz empfindend): schmerzt (noch mehr): schmerzt
Spr: …so sehr, dass es schmerzt.

Einschub 1 in C

Cafèhausmusik - Manuela und Daniel ziehen sich die Kutten der Richter an.
M: Wer hat die Ziffer 1?
Die Person im Publikum wird gefunden.
D: Wie lautet Ihre Steuernummer?
Im Fall, dass das Publikum die Nummer weiß, schreibt sie Daniel eifrig mit, Manuela blättert in den Akten,
findet die Nummer.
In jeden Fall sagt Manuela: Schlecht. Sehr, sehr schlecht. Herauskommen.
Die betreffende Person muss sich herstellen.
D: Wer hat die Ziffer 3?
Die Person im Publikum wird gefunden.
M: Wie lautet die Nummer Ihres Wahlausweises?
Im Fall, dass das "geistreiche" Publikum die Nummer erfindet, schreibt sie Daniel eifrig mit, Manuela blättert in den Akten, findet die Nummer.
In jeden Fall sagt Daniel: Gut. Sehr, sehr gut. Herauskommen.
Die betreffende Person muss sich auch herstellen.
M: Wer hat die Ziffer 7?
Die Person im Publikum wird gefunden.
D: Wie viel ist 659 mal 8293?
Was auch immer die Antwort ist, Manuela sagt: Das ist mir egal. Herauskommen.
Die betreffende Person muss sich auch herstellen.
Der Sprecher legt ein Buch oder Brett auf den Kopf der drei herausgekommenen Personen, einer nach der anderen, der Sopran misst jeweils mit Meterband, singt mit bizarren Tönen die Höhe, Daniel und Manuela schreiben eifrig mit.
Daniel holt den großen Taschenrechner und tippt die Größen ein: Wir müssen rechnen.
Manuela nimmt die Zahlen weg, Sopran singt jeweils das Resultat.
D (zum Mittegroßen): Sie haben die durchschnittliche Höhe. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Mittelmäßigkeit.
M: Als Preis erhalten Sie diese Trophäe. Sie setzt ihm Fühler auf. Bitte aufbehalten.
Spr (winkt die Musiker ab): Wir können fortfahren. Bitteschön.
Er gibt den Einsatz für die Fortsetzung von Szene C.

Fortsetzung von C

S (Schmerz empfindend): i i i i schmerzt.
Spr: Ich will mich auflösen, denn das Ich schmerzt.
S: Wie denn?
Spr: Die Methode? Alle Methoden methodisch zu negieren wäre eine günstige Methode.
S: Was kommt dabei heraus?
Spr: Die Welt ablehnen, vollständig, denn alles in ihr ist nichts Anderes als immer und immer wieder ich, da ich es ja ausschließlich über mich wahr nehme, mit meinen Augen sehe, mit meinen Ohren höre, …
M+D spielen inzwischen im Viertel- und Achteltakt Spielele mit Hände-gegenseitig-klatschen über Kreuz usw.
Spr: …vor allem aber mit meinem Verstand erfasse. Ich bin der Bürokrat, will Sicherheit, wo dies doch weit und breit nichts als Unsicherheit erzeugt, will es lieber genau als ungefähr wissen, wodurch es, je genauer, umso weniger lebendig ist. Ich ziehe offensichtlich das Tote dem Lebendigen vor, also: Lieber tot als lebendig, lautet meine Devise.
S: Aber wenn man sich bereits erschossen hat, geht einem der Gedanke, sich zu erschießen nicht mehr durch den Kopf.
Spr: Ich bin ja schon tot.
M+D schalten sämtliche Rauschradios ein, zudem eingesprochene Texte, CHAOS, aber nicht ZU laut...
Spr: Die Welt ist irreversibel. Dies allein ist Schuld, dass ich mich so um Sicherheit bemühe, obwohl ich weiß:
Sängerin+M+D spielen inzwischen im Viertel- und Achteltakt Spielele mit Hände-gegenseitig-klatschen über Kreuz usw.
Spr (Wie in Zeitlupe, auch Mimik, accelerando der anderen standhalten): Gerade das Trachten nach Sicherheit macht die Welt so unsicher und bedrohlich.

D

D und M haben je 6 Zeitungsblätter, in denen sie stirnrunzelnd lesen und die sie zerreißen.
S: Was machst du?
Spr: Ich denke nach.
S: Worüber denn?
Spr: Über mich und die Welt.
S: Wann bist du damit fertig?
Spr: Das ist nicht abzusehen.
S: Dann lass die trübe Grübelei, und geh mit mir spazieren!
Spr: Wohin denn?
S: Über blumige Wiesen, durch dichte Wälder.
Spr: Weshalb denn?
S: Allein zu gehen macht mir Angst, zu zweit wär's wunderbar, doch gehen will ich unbedingt.
Spr: Hast du einen Plan? Eine Landkarte wenigstens?
S: Nein, ich hab ja dich. Komm jetzt.
Spr: Na gut, gehen wir.
S: Die Wiese ist so grün.
Spr: Das ist das Chlorophyll.
S: Die Blumen duften so gut.
Spr: Pheromone.
S: Die Schmetterlinge spielen in der Sonne.
Spr: Sie versuchen, sich fortzupflanzen.
S: Der Himmel ist so groß.
Spr: Die Erde ist klein.

Einschub in D

Cafèhausmusik - Manuela und Daniel setzen sich die Richterhüte auf.
Manuela, mit Klopfhammer: Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten. Kongratulation, der Turboakkomodator geht an die Dame in Blau. Wir kommen nun zur nächsten Auktion.
Daniel: Wir versteigern nun die nächste Szene, es geht um die Verwandlung von unserem Sprecher, dem Herrn Ploner, in einen Berg.
Manuela: Mindestgebot ist 3/17 Ihres Verstandes. Wer bietet mehr?
Fall 1: Publikum bietet Geld
Daniel: Nein, so geht das nicht. Bieten Sie bitte mit Verstand! Und ähnlich, bis Fall 2 oder 3 eintritt. Fall 2: Publikum bietet Verstand.
Weiterbieten, mehr und mehr… Fall 3: keine Reaktion vom Publikum.
Sopran: Ich biete! Ich biete!
Daniel: Was bieten Sie?
Sopran: Ich biete meinen ganzen Verstand
Sprecher: Moment, Moment! Mein Verstand ist doch mindestens zehnmal so viel Wert wie Ihr halber!
Daniel holt den großen Taschenrechner: Dann müssen wir rechnen.
Manuela nimmt die Zahlen weg, Sopran singt jeweils das Resultat.
Daniel: Die Rechnung hat ergeben, dass der Mittelmäßige die Auktion gewinnt.
Manuela geht mit dem Topf mit den 3 Schokoladen zum Mittelmäßigen im Publikum: Ziehen Sie Ihre Szene!
Daniel: Was ist es?
Publikum: Eine Schokolade.
Daniel: Welcher Geschmack? Was für eine Sorte?
Publikum: Nougat oder Marzipan oder Haselnuss.
Sopran: Hurra! Es ist die (Nougat oder Marzipan oder Haselnuss)-Szene.
Manuela zum richtigen Auktionsgewinner (Fall 2) oder zum Sopran (Fall 3): Sie bekommen zum Trost einen Patzerpreis. Sie setzt ihm Fühler auf.
Sprecher winkt die Musiker ab: Wir können fortfahren. Bitteschön. Er gibt den Einsatz für die Fortsetzung von Szene D.

Fortsetzung von D

S: Gerade aus den Berg hinauf!
M+D (laut schnaufen): Hau-ruck! Hau-ruck!
Spr: Na schön.
S: Fang mich auf, wenn ich ausrutsche oder abstürze, abgemacht?
Spr: Ich werd's versuchen, wenn ich nicht selbst gerade rutsche.
S: Siehst du, wie viele Steine hier sind?
M+D: Seifenblasen machen
Spr: Trete sie nicht los, sonst fallen sie auf mich.
S: Halte sie auf, sonst fallen sie ins Tal.
Spr (er versucht, die Seifenblasen aufzuhalten): Bei steilen Geröllhalden hat die Schwerkraft leichtes Spiel.
S: Ich aber bin noch leichter als das Spiel der Schwerkraft. Schau, wie ich hüpfe und tanze!
Spr+M+D (geschrieen): Gib Acht!
S: Erschreck mich nicht, sonst stürz ich noch.
Spr+M+D (geschrieen): Pass auf!
S: Jetzt wärst du fast der Grund gewesen, dass ich rutsche, statt meine Rettung zu sein.
Spr: Ich kann ja wieder hinuntersteigen und dich alleine weiterklettern lassen.
S: O nein, o nein!
Spr+D+M: Viel Spaß!
S: Nein bleib hier, wir sind gleich oben, siehst du?
Spr: Ich kehr jetzt um, ich kehr jetzt um.
M+D (mit Taschentüchern winken): Tschü-hüß!
S: Nein bleib hier bei mir, wir sind gleich oben, siehst du?
Spr: Tatsächlich, im Wald wird es etwas ebener.
S: Hörst du das Bächlein? Ich habe Durst.
Spr: Dort drüben!
S: Was aber, wenn der Quell verwunschen ist, und wer draus trinkt verwandelt sich?
Spr: Dann sollte ich's versuchen. Ist das Wasser gut, trinkst du auch, ist es verwunschen, ist mir um mich nicht Leid. Ich hab mich selber lang schon satt und möchte manchmal gern verwandelt sein, egal in was, nur anders als gewohnt.

E

Je nach im vorigen Einschub gezogener Schokolade wird nun die jeweilige Version von "E" aufgeführt.
E1: Nugat
M, D, und S stopfen sich gegenseitig geräuschvoll Schokolade ins Mäulchen...
Vl 1 (frei, dazu alle Streicher ansprechen, im Plauderton): Zucker, Haselnussmasse, Kakaobutter, Kakaomasse, Sahnepulver, Magermilchpulver, Süßmolkenpulver.
Vl 2 (frei, dazu alle Streicher ansprechen, im Plauderton): Milchzucker, Butterreinfett, Emulgator: Soja Lecithin, Aroma Vanillin.
Vla (frei, dazu alle Streicher ansprechen, im Plauderton): Kann Spuren von anderen Nüssen, Weizen und Ei enthalten.
Vc (frei, dazu alle Streicher ansprechen,
im Plauderton): Nugat, Nugat, Nugat.
Spr: langsam Glas füllen, langsam und ausgiebig trinken, laut ausatmen.
S (Wasser aus Glas in
Kübel schütten): Nugat?
Spr: So, es geht los: in der Folge spektakuläre Verwandlung, zunächst Übergeben markieren, dann beginnen zu zittern, bis es den ganzen Körper nur noch so schüttelt. (Wir stellen uns einen Kampf mit einem Unsichtbaren vor, dabei den ganzen Raum durchqueren, gern das Publikum anrempeln...)
S: Nugat? (in der Folge immer "kleiner" werden in Ton und Körperhaltung) Hmh Hmh? (am Boden liegend, Hände und Beine nach oben wie umgedrehter Käfer, röcheln): Öööö
Spr: Augen abrupt extrem öffnen,
einstweilen so bleiben
Alle (als ob es von draußen, von der Ferne käme... Mund fast nicht bewegen, aber deutlich, Spr. mit monumentalem Gesichtsausdruck und monumentaler Körperhaltung demonstrativ hinstellen): Es ist vollbracht. E2: Marzipan
M, D, und S stopfen sich gegenseitig geräuschvoll Schokolade ins Mäulchen...
Vl 1 (frei, dazu alle Streicher ansprechen, im Plauderton): Zucker, Kakaomasse, Mandeln, Kakaobutter, Invertzuckersirup, Emulgator: Lecithine (Soja.)
Vl 2 (frei, dazu alle Streicher ansprechen, im Plauderton): Aroma Vanillin. Spuren: Erdnüsse, Nüsse, Milcherzeugnisse.
Vla (frei, dazu alle Streicher ansprechen, im Plauderton): Kann Spuren von anderen Nüssen, Weizen und Ei enthalten.
Vc (frei, dazu alle Streicher ansprechen,
im Plauderton): Marzipan, Marzipan, Marzipan.
Spr: langsam Glas füllen, langsam und ausgiebig trinken, laut ausatmen.
D+M: Wasser aus Schaffl schöpfen.
S: Marzipan?
Spr: So, es geht los: in der Folge unspektakuläre Verwandlung, es passiert ganz banal eigentlich nichts, aber zum Schluss bist du ein Berg... Den anderen gelangweilt zuschauen, keine großen Bewegungen.
S: Marzipan? (in der Folge immer "kleiner" werden in Ton und Körperhaltung) Hmh Hmh Hmh? (am Boden liegend, Hände und Beine nach oben wie umgedrehter Käfer, röcheln): Öööö
Spr: Augen abrupt extrem öffnen,
einstweilen so bleiben
Alle (als ob es von draußen, von der Ferne käme... Mund fast nicht bewegen, aber deutlich, Spr. mit monumentalem Gesichtsausdruck und monumentaler Körperhaltung demonstrativ hinstellen): Es ist vollbracht.
E3 Haselnuss
M, D, und S stopfen sich gegenseitig geräuschvoll Schokolade ins Mäulchen...
Vl 1 (frei, dazu alle Streicher ansprechen, im Plauderton): Zucker, Kakaobutter, Haselnüsse (gehackt), Kakaomasse, Sahnepulver, Magermilchpulver, Süßmolkenpulver
Vl 2 (frei, dazu alle Streicher ansprechen, im Plauderton): Milchzucker, Butterreinfett, Emulgator: Lecithine (Soja), Aroma: Vanillin
Vla (frei, dazu alle Streicher ansprechen, im Plauderton): Kann Spuren von anderen Nüssen, Weizen und Ei enthalten.
Vc (frei, dazu alle Streicher ansprechen,
im Plauderton): Haselnuss, Haselnuss, Haselnuss.
Spr: langsam Glas füllen, langsam und ausgiebig trinken, laut ausatmen.
S: Haselnuss?
Spr So, es geht schnell los: in der Folge im Zeitraffer relativ spektakuläre Verwandlung. Ähnlich wie bei E1 Nugat, aber Schwerpunkt auf extremer Geschwindigkeit.
S: Haselnuss? (in der Folge immer "kleiner" werden in Ton und Körperhaltung) Hmh Hmh Hmh? (am Boden liegend, Hände und Beine nach oben wie umgedrehter Käfer, röcheln): Öööö
Spr: Augen abrupt extrem öffnen,
einstweilen so bleiben
Alle (als ob es von draußen, von der Ferne käme... Mund fast nicht bewegen, aber deutlich, Spr. mit monumentalem Gesichtsausdruck und monumentaler Körperhaltung demonstrativ hinstellen): Es ist vollbracht.

F

Die Sängerin legt sich auf den Boden, um zu rasten. Manchmal seufzt sie leise und dreht sich auf die andere Seite, um weiterzuschlafen.
Spr: Was ist denn das? Was ist denn das?
Das Wasser schmeckt wie Glas.
An mir herab rinnt es in Strömen und Wasserfällen.
Habe ich mich verwandelt?
Nein, habe ich nicht. Ich bin immer noch ich.
Doch momentan schmerzt das Ich nicht mehr so arg.
Ja, wenn ich mich darauf konzentriere,
verliert es sich beinah.
Es ist fast nichts, es ist fast nichts.
Ich habe mich zwar nicht verwandelt, dafür hat sich plötzlich alles um mich herum ein wenig verändert.
Der Himmel ist näher gerückt und die Sonne.
Ich bleibe gelassen und sehe die Wolken.
Sie sind plötzlich so klein, umschweben mich feucht, reichen mir nicht ganz bis zur Schulter.
Das ist schon was. Das ist schon was.
Ein erfrischender Wind weht aus allen Richtungen.
Da sind 12 Ziffern in der Welt.
Einsam stehen sie in der Landschaft, kaum zu erkennen.
D: Ganz unten am Boden haben sich auch alle Menschen verwandelt, in winzige Käfer. Emsig krabbeln sie hierhin und dorthin, unverständlichen Zielen entgegen.
M.: Dijeridoo- Ton.
Beim Dijeridoo- Ton "erwacht" die Sängerin, gähnt und streckt sich.
D: Die meisten Käfer haben Räder, andere haben keine.
S: Sie sieht fasziniert dem Sänger zu, mustert ihn von unten bis oben.
D: Oft hängen sie sich aneinander, oft gehen sie einzeln.
S: Wo ist jene, die mich zum Spaziergang überredete?
Was ist aus ihr geworden?
M. + D. krabbeln am Boden, zwischen den Füßen der Musiker, eifrig umher.
S: Hat sie etwa dasselbe Schicksal der anderen Menschen ereilt? Muss auch sie als kleiner, krabbelnder Käfer rastlos umherkrabbeln?
Es könnte so sein.
Ich kann sie nirgends erkennen.
Alle packen ihre Sachen (Instrument, Notenständer usw.) und gehen ins nächste Zimmer.

G

Nach der Prozession: Streicher in Spielposition,
ER stellt sich monumental-"bergisch" zentral hin;
SIE steht entzückt vor IHM;
M+D begutachten ihn, wundern sich lautlos...
M+D setzen sich im Schneidersitz vor SIE und IHN, stützen Kopf in beide Hände, erwartungsvoll wie Kinder vor einem Kasperletheater...
in der Folge umkreist SIE IHN bis zum Schluss von G mit langsamen, verführerischen Bewegungen; wie eine Schlange anschmiegend, an eine Bauchtänzerin erinnernd, das Ganze hat aber dennoch etwas Trauriges. Ambivalenz zwischen extremer Freude und Ungewissheits-Ängstlichkeit.
S: Sch Sch Ah uh mh uh ah oh ah uh
Berg oder Gott, Berg und Gott? Unbegreiflich…
Unbegreifliches Wesen zwischen Berg und Gott.

H

Spr: Ganz alleine habe ich kein Verlangen, den Spaziergang fortzusetzen.
S: Soll ich mich nun beklagen, einen verloren zu haben, der mit mir spazieren geht, oder soll ich mich freuen, einen bekommen zu haben, auf dem ich spazieren kann?
Spr: Ich bleibe am Besten da, wo ich gerade bin. Auch fühle ich mich seltsam schwer. Die Schwerkraft scheint plötzlich ungemein zugenommen zu haben.
M+D: Sie heben den Sprecher auf und tragen ihn mit sichtlicher Mühe nach vorne.
Der Sprecher kauert sich auf den Boden.
M+D: Ziehen sich Pantoffeln an und spazieren hintereinander behutsam über den Rücken des Sprechers.
Spr: Ist so etwas in der Physik vorgesehen? (Er richtet sich auf und kehrt an seinen Platz zurück. Er setzt sich eine Mütze auf.) Ich fühle mich plötzlich ganz objektiv. Das sitzt gut und passt zu mir. Die Umstände sind günstig dafür, dass ich hier einstweilen so stehen bleibe.
Und wenn es nicht so wäre?
Wäre es anders, wären diese anderen die objektiven Umstände, und…
Spr+D+M: …günstig und günstig und günstig…
Spr: …für das, was wäre.
S: Soll ich ferner erleichtert sein…
M+D: Zeigen mit dem Finger auf den Sprecher.
S: …dass er gekostet hat vom Wasser und ich…
M+D: Zeigen auf die Sängerin.
S: …seinem Schicksal entrann, selbst zum Berg zu werden? Oder soll ich bedrückt sein dass nun, da ich weiß, was dem geschieht, der hier trinkt, ich es wohl kaum wagen werde, vom selben Wasser zu kosten? Wohl dennoch ahnend, dass, wenn ich's wagte, ich unermessliches Glück gewönne im Tausch gegen Zagen und Zögern?
Spr: Ich bleibe also hier.
Ich bleibe hier, solange die Bedingungen so günstig dafür sind.
S: Ach, ich weiß: Ich darf den Augenblick nicht vertun…
Spr: Ich schaue rundum in die Welt.
M+D: Spähen in die Runde, sich gegenläufig um die eigene Achse drehend.
S: …will mich stürzen auf den Quell, nur nicht lange überlegt…
Spr: Kleine Käfer gibt es unzählige, doch sie sind nicht so wichtig.
S: Schon werf ich mich nieder, schöpfe mit beiden Händen, wie von Sinnen, trinke und trinke.
Doch nichts geschieht mit mir, bloß der große Durst von vorhin ist gelindert.
Ich bin noch hier, dieselbe, etwas erleichtert zwar, dass es so ist, doch zur gleichen Zeit enttäuscht. So sag du mir doch, du Berg, der du jetzt…
S+M+D: …sicherlich…
S: …weiser bist als alle Menschen zusammen, wie stell' ich es an, so zu werden wie du?
Spr: Dann gibt es noch diese Ziffern in der Landschaft.
S+Spr: Das ist schon was. Das ist schon was.
S: Ich weiß, du antwortest nicht mehr mit Worten, sondern durchs Rauschen der Blätter im Winde.
M+D: rascheln mit Nylonsäcken.
S: Ich weiß ja die Antwort:
Alle: Das Tun sein lassen, das Sein tun lassen.
Spr: In diesem Fall 12 Ziffern.
Alle: Was ist denn das? Was ist denn das?
Spr: Das ist höchstens die unsinnige Einteilung eines Wirrkopfs. Sie sind ohnehin nicht zu erkennen, wenn man nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird.
S: Die Antwort, die ich weiß, ist, zum Berg nicht zu werden, sondern einfach Berg zu sein, und ich weiß, dass die Frage, die sich mir immer und wieder stellt, nimmer gestellt werden kann, nämlich wie das, was ich möchte, erreicht wird.
Spr: Ich bin nicht bewegungslos, denn ich falle.
Ich falle durch die Zeit."

I

S: Was fange ich jetzt an? Ganz allein in der Wildnis?
He, du! (geht zum 1. Geiger) Ja, du, mit der Geige! Was können wir machen? Wie ihn zurückverwandeln, oder andererseits, wie uns selbst verwandeln, um so zu werden wie er?
He, du! Ich rede mit dir! Schau mich an, hör auf mit diesem Gegeige, hörst du?
S: Geiger an der Schulter rütteln, dann Noten wegnehmen.
Vl I: Sobald Sängerin Noten weggenommen, aufhören zu spielen, Sängerin fragend anschauen.
S: Also? Was können wir machen?
Vl I: Weiß ich doch nicht.
S: Lass uns den Cellisten fragen.
Vl 1: Warum ausgerechnet den Cellisten?
S: Er hat das größte Instrument und weiß daher am ehesten Bescheid.
Vl I: Du hast Recht. (Geht mit Sopran zu Cellisten, Geige in der Hand) He, du mit dem Cello - wir haben eine wichtige Frage.
Vc (hört auf zu spielen, wendet sich ihnen zu): Ja?
S: Wie kann man den Berg hier zurückverwandeln?
Vc: Welchen Berg denn?
S: Ja, hast du denn gar nicht aufgepasst? Unser Sprecher hat sich in einen Berg verwandelt.
Vc: Wo denn? (schaut zum Sprecher) Ja, tatsächlich, jetzt seh ich es auch. Wie hat er das gemacht?
S: Er hat von der verwunschenen Quelle getrunken, hast du das nicht auch gesehen?
Vc: Nein, ich hab in die Noten geschaut. Ist volle schwer zu spielen, das Zeug…
Vl I: Und man muss dauernd konzentriert mitzählen. Und komische Sache machen, wie das (macht zu spielenden Vl II und Viola rhythmisch passend col legno Stelle von vorher (2 Töne))
S: Ja, ja - aber wie verwandeln wir uns jetzt auch in einen Berg?
Vl I + Vc: Keine Ahnung.
S: Oder wie verwandeln wir den Berg in den Sprecher zurück?
Vl I: Vielleicht weiß es die Bratsche…
Vc: Vielleicht weiß es die andere Geige…
Vc (äußerst übertrieben): Meine sehr verehrten Damen und Herren (je nachdem, welche Geschlechter), ich bitte höflichst um Verzeihung, wir hätten eine Frage bezüglich hier in Diskussion stehender hochwohlgeborenen Bergwerdung.
nachdem Vl II + Vla keine Reaktion, diskutieren ALLE heftig brabbelnd und wild diskutierend
M (fährt dazwischen): Aber Leute, das geht doch nicht - die Musik ist ja noch nicht zu Ende. BITTE, bitte spielt weiter, sonst ist die Form im Eimer!
Vl II: Hä? Welche Form?
M: Na die musikalische Form der Komposition…
Vla: Steht in den Noten später, wie man den Berg zurückverwandelt? Oder sich selbst in einen?
M: Nein, die Handlung geht anders weiter…
Vla: Dann interessiert es mich nicht. ICH mach diesen Job hier nämlich ORDENTLICH!
Vc: Sollen wir versuchen, auch von der Quelle zu trinken?
Vl I: Ich tu's sicher nicht! (setzt sich auf Platz)
Vl II: Ich auch nicht. Ich wurde zum Geigen engagiert, nicht als Versuchskaninchen.
Vla: Nie- Niemals.
Vc: Dieser Gruppenzwang! Ich trink' also auch nicht! (Setzt sich widerwillig auf Platz)
D: Na dann lasst uns doch jemand aus dem Publikum nehmen, um die ist ja nicht schade.
M: Stimmt! Gibt's Freiwillige?
Wenn nein:
M: Es MUSS aber jemanden geben, sonst ist die muuusikalische Form dieser Komposition in äußerster
Gefahr!
D: Denken sie an Ihre Verantwortung: Sie können das Stück retten, das gesamte! Mit so wenig Aufwand!
M: (übertrieben) Wenn jeder auf dieser Welt nur etwas Klitzekleines für Neue Musik tun würde! Sie wären gerettet! All diese süßen, neugeborenen, frischen Kompositionen müssten nicht sterben!
D: Und wenn jeder von ihnen am Ende in seine klitzekleine Geldbörse greift und uns etwas weniger Klitzekleines davon dalässt, haben sie unsere Pasta asciutta gerettet!
M (hebt Arm zum Zeichen für Musiker): Ja genau!
Streicher bleiben auf Ton stehen und ALLE rufen im Chor skandierend: Pasta asciutta! Pasta asciutta!
Streicher spielen auf Einsatz Vl I weiter, flüstern beim Spielen aber ständig Pasta oder asciutta oder Pasta asciutta.
M: Aber einen Freiwilligen brauchen wir doch.
Wenn sich jetzt jemand meldet gut, ansonsten:
D: Wirklich keiner? Also wird wieder das Los entscheiden!
Lässt Sängerin aus Schokoladensackl ziehen.
M (liest Namen von jemandem vor, den wir gut kennen und von dem wir wissen: der macht mit): … - rauskommen!
Kommt raus, Daniel gibt ihr/ihm zu trinken. Wenn ja:
D: Sie haben das Stück gerettet, das gesamte! Sie Mutige/r!
M (übertrieben): Wenn jeder auf dieser Welt nur so viel für Neue Musik tun würde wie sie! All diese süßen, neugeborenen, frischen Kompositionen müssten nicht so oft sterben!
D: Und wenn jeder von ihnen am Ende in seine klitzekleine Geldbörse greift und uns etwas weniger Klitzekleines davon dalässt, haben sie unsere Pasta asciutta gerettet!
M (hebt Arm zum Zeichen für Musiker): Ja genau!
Streicher bleiben auf Ton stehen und ALLE rufen im Chor, skandierend: Pasta asciutta! Pasta asciutta!
Streicher spielen auf Einsatz Vl I weiter, flüstern beim Spielen aber ständig Pasta oder asciutta oder Pasta asciutta
Freiwilliger kommt raus, Daniel gibt ihr/ihm zu trinken.

J

Je nach gezogener Schokolade gilt:
MARZIPAN:

Sprecher und Sopran sprechen beide, unisono, den Rhythmus.
Die Streicher spielen mit viel Vibrato und Pathos, viele Noten mit demselben Bogenstrich, oft Noten schleifen, als handelte es sich um Zigeunermusik.

Choreographie:
Glatt und geölt, mitwippen, wie bei Fernsehshows, M + D umtanzen den verehrten "Freiwilligen" mit schmiegsamen Bewegungen (D schiebt dabei die ausgeschnittene Fernsehschönheit vor sich her).
Alle Aufführenden haben ein falsches Lächeln so konsequent wie möglich aufrecht zu erhalten.

Vl1: Das gibt's doch nicht. Seht ihr das? Es hat gewirkt.
Vl2: Der (die) Freiwillige hat sich nun auch verwandelt.
Vla: In einen Berg, der bis über die Wolken reicht.
Vc: Mehr als ein Berg ist es eine Gottheit.
Manuela: Noch gewaltiger und unvorstellbarer für uns als die erste Verwandlung.
Daniel: Man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Vl1: Wir sind im Vergleich nicht einmal mehr Käfer.
Manuela: Höchstens noch Läuse.
Vl2: Fast hält man diese Pracht nicht aus.
Vc: Diese majestätische Haltung.
Vla (zum ausgewählten Freiwilligen): Meine Bewunderung für Sie ist grenzenlos.
Daniel (zum ausgewählten Freiwilligen): Sie sind alles, ich bin nichts.
Vc (zum ausgewählten Freiwilligen):… nicht einmal ein verschwindend kleines Epsilon, das gegen Null geht. Ich habe Mathematik studiert und weiß, wovon ich rede.
Vl1 (zum ausgewählten Freiwilligen): Nie würde ich es wagen, mich auch nur annähernd mit Ihnen zu vergleichen.
Vl2 (zum ausgewählten Freiwilligen): Wir sind es nicht wert, neben Ihnen zu existieren.
Manuela: Wir sind nur nervöse Hysteriker…
Vla: …im Vergleich zur ewigen Ruhe, die Sie verkörpern.
Vl2: Wir sind nur ahnungslose Idioten…
Daniel: …im Vergleich zur Weisheit, die Sie verkörpern.
Vl1: Wir sind hässlich und schäbig…
Vc: …im Vergleich zu Ihrer vollendeten Form und Schönheit.
Manuela: Wir sind vergänglich und schwach…
Vl1: …im Vergleich zu Ihrer Stärke und Beständigkeit.
Vla: Unsere absolute Bedeutungslosigkeit in Ihrer Gegenwart erkennen zu dürfen…
Daniel: …ist für einen begrenzten Geist wie den unseren kaum auszuhalten.
Vl2: Man gerät dabei geistig, seelisch und körperlich ins Strudeln...
Vc: …und verliert jegliche Kontrolle, hin und her gerissen…
Daniel: …zwischen der abgrundtiefen Einsicht der eigenen Unzulänglichkeit…
Manuela: …und dem jubelnden, ekstatischen Anblick von so vollkommener Herrlichkeit.
Vla: Die Anwesenheit des vollkommensten aller Berge und Götter…
Vl1: …ist zugleich unser höchstes Glück und unser vollständigstes Verderben.

NUGAT:

Sprecher spricht einen anderen Rhythmus als Sopran. Techno- Raveparty- Stimmung.
Die Streicher spielen ohne Vibrato, immer sul pont., alle Noten mit wechselndem Bogenstrich, außer bei der "Andante"- Stelle.

Choreographie:
Eckig und robotermäßiger als bei "echten" Raveparties, M + D tanzen jeder sehr introvertiert für sich, Rücken zum Publikum, außer wenn sie Text haben
M mimt eventuell mit der ausgeschnittenen Fernsehschönheit eine Mischung aus e-Gitarrenspiel und Keyboardgeklimper.
Alle Aufführenden bleiben todernst, weil sie ja soo cool sind.

Vl1: Das gibt's doch nicht. Seht ihr das? Es hat gewirkt.
Vl2: Der (die) Freiwillige hat sich nun auch verwandelt.
Vla: In einen Berg, oder so was Ähnliches.
Vc: Mehr als ein Berg ist es ein Hügel.
Manuela: Ja, die erste Verwandlung war eindrucksvoller.
Daniel: Vielleicht haben wir uns auch schon an so was gewöhnt.
Vl1: Wir sind schon etwas routiniert im Umgang mit solchen Dingen.
Manuela: Vielleicht hat er auch weniger vom Zaubertrank getrunken als unser Sprecher.
Vl2: Immerhin- im Vergleich zu diesem sind wir schon eher größere Käfer...
Vc: Mistkäfer, oder Hirschkäfer vielleicht.
Vla (zum ausgewählten Freiwilligen): Meine Bewunderung für Sie ist dennoch beachtlich.
Daniel (zum ausgewählten Freiwilligen): Sie sind immer noch viel mehr als ich…
Vc (zum ausgewählten Freiwilligen): …denn ein Hügel ist immerhin auch viel größer als ein Mensch, wenn auch nicht ganz so groß wie ein richtiger Berg.
Vl1 (zum ausgewählten Freiwilligen): Nie würde ich es wagen, mich direkt mit Ihnen zu vergleichen.
Vl2 (zum ausgewählten Freiwilligen): Aber wir existieren halt auch, wie die Ameisen neben dem Elefanten.
Manuela: Die körperliche Größe ist ja auch nicht alles …
Vla: …im Vergleich zu Ihnen sind wir alle schlank und wendig.
Vl2: Wir kommen vielleicht an Ihre Weisheit nicht heran …
Daniel: …doch für uns selbst wissen wir gerade genug.
Vl1: Wir möchten jetzt Ihre Verwandlung auch keinesfalls herunterspielen.
Vc: Im Vergleich zur ganzen Vegetation, die auf Ihnen wächst…
Manuela: …sind unsere Kleider eher schlicht.
Vl1: Wir werden auch nicht so lange existieren, wie Sie - beiweiten nicht…
Vla: …aber im Leben zählt nicht bloß, wie lange man lebt, sondern was man während des Lebens tut.
Daniel: Natürlich ist einfach da zu sein, wenn man ein Berg ist, völlig ausreichend.
Vl2: Wir aber sind keine Berge…
Vc: …sondern Mist- und Hirschkäfer …
Daniel: …und unsere Aufgabe besteht darin, umherzukrabbeln…
Manuela: …und den Mist von hier nach dort zu karren…
Vla: …und dann wieder von dort nach hier zurück.
Vl1: So sind wir eben: der Mist ist zugleich unser höchstes Glück und unser vollständigstes Verderben.

HASELNUSS:

Sprecher und Sopran sprechen beide, unisono, den 2. Rhythmus, besonders leise, wie man Schlagwerk oft aus Kopfhörern von fremden Leuten hört.
Die Streicher spielen immer pizzicato, außer bei der "Andante"- Stelle.

Choreographie:
Keine. Die Reglosigkeit der Aufführenden steht im Gegensatz zu den gespielten Rhythmen, sie sind wie eingefroren.
Wenn sie sich an den "Freiwilligen" wenden, deuten sie mit dem Finger auf ihn, mit langsamen, gleichmäßigen Bewegungen.

Vl1: Das gibt's doch nicht. Seht ihr das? Es hat gewirkt.
Vl2: Der (die) Freiwillige hat sich nun auch verwandelt.
Vla: In einen Berg, oder in einen Gott?
Vc: Wir können das sowieso nicht beurteilen…
Manuela: …denn im Vergleich zu ihm (ihr) sind wir bloß Käfer.
Daniel: Trotzdem kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Vl1: Heutzutage kann man immer nur staunen, wenn man in die Welt hinausschaut.
Manuela: Sollen wir nun auch vom Zaubertrank kosten?
Vl2: Ich will nicht. Ein Berg kann nicht Geige spielen.
Vc: Dann wären die 10 Jahre Konservatorium ganz umsonst gewesen.
Vla (zum ausgewählten Freiwilligen): Jetzt, wo Sie ein Berg sind, könnten Sie uns aber weiterhelfen.
Daniel (zum ausgewählten Freiwilligen): Sie könnten uns zum Beispiel sagen, was der Sinn unsres Dasein ist.
Vc (zum ausgewählten Freiwilligen): …oder wissen Sie vielleicht den Beweis, dass alle geraden Zahlen als Summe zweier Primzahlen dargestellt werden können? Ich habe Mathematik studiert und solch ein Beweis steht noch aus.
Vl1 (zum ausgewählten Freiwilligen): Sie schweigen, weil Sie ein Berg sind…
Vl2 (zum ausgewählten Freiwilligen): …aber könnten Sie nicht eine kleine Ausnahme für uns machen?
Manuela: Wir können mit einem Berg wenig anfangen.
Vla: Sei nicht unfair. Ein Berg kann mit Käfern auch wenig anfangen.
Vl2: Wir sind nicht kompatibel …
Daniel: …aber befinden uns in derselben Welt.
Vl1: Wir sind sogar im gleichen Zimmer.
Vc: Trotzdem ist die Kommunikation schwierig.
Manuela: Wir brauchen uns nicht mehr aufzuregen…
Vl1: …wenn sich die Weltmächte nicht zusammenraufen können.
Vla: Sie sind hilflos wie wir.
Daniel: Jeder kommt schon mit sich selbst schwer zurecht…
Vl2: …geschweige denn mit einem Fremden…
Vc: …und nichts ist uns im Moment fremder als ein Berg.
Daniel: Diese Fremdheit bewirkt nur die abgrundtiefe Einsicht der eigenen Unzulänglichkeit…
Manuela: Mit dem jubelnden, ekstatischen Anblick von so einem Berg…
Vla: …können wir leider nichts anfangen.
Vl1: Das ist zugleich unser höchstes Glück und unser vollständigstes Verderben.

Einer nach dem anderen packt seine Sachen (Instrument, Notenständer usw.) und geht ins nächste Zimmer, während die anderen noch weiterspielen.

K

M (in hoffentlich allgemeinen Tumult, mit Hammer): Ruhe im Saal, sonst lass ich den Gerichtssaal räumen!
D: Nächste Verhandlung! Aktennummer (skandiert!) 242312245276,
M: Rechtsstreit: Staat gegen Unbekannt wegen…
D: ...unbefugter Bergwerdung gemäß Artikel 24 comma 2, codice penale scarafaggi, Käferstrafgesetzbuch;
M: Überschreitung des normalen Platzanspruches, Artikel 3.157, comma 1, codice penale scarafaggi, Käferstrafgesetzbuch;
S: Disputatio!
Alle: Ist es ein Berg? Ist er famos? Ziemlich gewaltig, extrem ZU GROSS!
D: Zu den ersten beiden Tatbeständen: Sie (zu Berg) sind groß!
M: Il modello codicistico scarafaggi è basato sul concetto di uomo medio ossia di normale. Per cui è in colpa chi, nel caso specifico, è difforme dal normale!
D: Sie sind difform! Sie sind zu groß, nicht normal! Culpa lata est nimia negligentia, id est non intellegere quod omnes intelegunt.
M: Will heißen: Grobe Schuld ist grobe Nachlässigkeit, d.h., nicht zu verstehen, was ALLE verstehen. Sie sind folglich schuld! (hakt auf Zettel ab), Beweis erbracht. Zum nächsten Tatbestand.
D: Das geschlossene Höfegesetz, die Bauleitpläne!
M: Ganz einfach: Sie haben ihren Hof nicht geschlossen (zeigt auf offenes Hosentürl). Culpa in eligendo! Schlecht gewählte Hose! Sie sind schuld. (hakt ab, drängt) weiter, WEITER!
D (verteidigend): Aber die Mühlen der Justiz mahlen laaangsam! Artikel 1, Verfassung suprema Scarafaggi! Also gut: weiter. Beweisaufnahme letzter Tatbestand: Eine juristische Person ist ein Rechtssubjekt, das aufgrund gesetzlicher Anerkennung rechtsfähig ist, d.h. selbst Träger von Rechten und Pflichten sein kann, dabei aber KEINE natürliche Person ist.
M: Sind Sie KEINE natürliche PERSON???
D+M fühlen Puls, Stirn
M: Nix. Kein Puls- keine Person.
D: Nix. Keine Temperatur, keine Person.
Alle: Ist es ein Berg? Ist er famos? Ziemlich gewaltig, extrem ZU GROSS!
D+M (schauen sich an, sagen GEMEINSAM): Verstand?
M: Das QUANTUM!
D: Das QUANTUM der CULPA MONTANARIS und des VERSTANDES überhaupt muss festgestellt werden!
M+D: Nehmen Meterband, messen UMSTÄNDLICHST Abstand von Boden bis zum Knie, extrem übertrieben, bücken, nieder liegen, sich winden, um Ergebnis zu erhalten
M (schnaufend, vom Boden): überschreitet…
D (schnaufend, vom Boden): …jeden…
M: …messbaren…
D: …Bereich!
M: SIE wollen also juristisch sein???
D begutachtet
M: Juristisch… Na, hm, haben Sie Jura studiert? Nein. Sind sie Jurist?
D: Nein, also ist er auch nicht juristisch. Fazit: Zwar nicht juristisch, aber nicht keine juristische Person.
M+D: Aiaiai!
M: Es ist eine nicht-juristische-nicht-keine-Person! (kleinlaut) Letzter Tatbestand nicht gegeben???
D (genervt): Eine Strafe muss JEDENFALLS her!
M (pathetisch): Per legge di stato scarafaggensis!
M+D blättern in Tausenden codici
D+M (schockiert): Todesstrafe!
D: Tod durch Erschießung!
M: Durch unmittelbar auf sämtliche Körpersäfte einwirkenden BOGENSCHUSS!
D: Aber WER bitteschön ist jetzt also der Schuldige, wer wird erschossen?
M: Eine Strafe gibt es- also MUSS es einen Schuldigen geben! LEX SUPERIOR VERSTANDIS!
D: Der Berg kann es aber nicht sein. Er ist die victima substantialis! Das Opfer!
M (verzweifelt): Außerdem können wir einen BERG nicht erschießen!
Cello (steht abrupt auf, spricht mit erhobenem Zeigefinger): Der, welcher diesen sine sensus, UNSINN, meint: Blödsinn erfunden hat, ist lege logicae schuld!
M+D (wie aus Pistole geschossen): Genau!
S+Spr (holen inzwischen Schilder vom Anfang, wühlen etwas darin und lesen schließlich laut vor): "Oper von Daniel und Manuela"
D+M ziemlich verdattert
D: Schuld sind also Daniel und Manuela?
M (wie aus Pistole, in sozusagen Todesangst): Costituzione italiana, italienische Verfassung Art. 33, erstes comma "Die Kunst und die Wissenschaft sind frei, und frei ist ihre Lehre".
D (gerufen): Künstlerische Freiheit!
M (wie vorher): Art. 10, erster Absatz, Europäische Menschenrechtskonvention: Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein.
D (wie vorher): Meinungsfreiheit!
Cello (sehr penibel und altklug): Hier gilt Käfergesetzgebung, legislatio scarafaggensis. Nix italienische oder gar europäische Rechte. Die Komponisten sind verantwortlich für DAS ALLES. Außerdem gab es vorhin einen F-O-R-M- Formfehler. Ts ts ts… Das haben die Komponisten selbst zugegeben!
S: Sie sind die Schuldigen Q! E! D! Quod erat demonstrandum.
S+Spr: reißen M+D die Richterroben vom Leib, ziehen sie selbst über
Spr: Das oberste, MONUMENTALE Gericht (zeigt auf alle außer auf M+D) ist nach ausführlicher Beweisaufnahme und eingehender Beratung zur Entscheidung gelangt. (steht dabei auf, weist an, auch mit Gesten) Erheben sie sich!
(zu Publikum) Setzen sie sich.
Erheben sie sich.
Drehen sie sich (lässt Leute einmal um eigene Achse drehen)
Setzen sie sich.
Erheben sie sich.
S (immer im Singel-Sangel Ton): Also ergeht im Namen des Käfervolkes folgendes Urteil (rollt Pergament auf und liest): nel caso 242312245276 gli imputati Manuela e Daniel sono dichiarati COLPEVOLI di tutti i reati loro ascritti, concessa NESSUNA possibile attenuante.
Spr: Manuela und Daniel werden für sämtliche ihnen zugeschriebenen Delikte für SCHULDIG erklärt, und zwar in jedem Sinne: biographisch, librettistisch, musikalisch, international, operistisch, käferig…
S (bricht Spr genervt ab): Denk an die Effizienz der Justizzzzzz! Es ergeht wie festgelegt die Todesstrafe durch unmittelbar auf sämtliche Körpersäfte einwirkende BOGENSCHÜSSE! (Eilig): Wir kommen SOFORT zur Vollstreckung!
S+Spr stellen M+D zurecht, die stehen Habacht, Augenbinden
Vl II und Vla stehen auf, "wärmen" sich auf, nehmen Instrumente und vorbereiteten Kartonstreichbogen in Manier eines Schießbogens, zielen theatralisch- und Schuss!
M+D halten sich vorbereiteten Kartonstreichbogen (2 Teile) an die Schläfen und sterben theatralisch, mit sämtlichen dazugehörigen Geräuschen, EXTREM, aber nicht zu lang. Legen sich tot und parallel neben vorbereitete Leintücher auf Boden.

L
Begräbnismusik

Szene L dauert ca. 9 Minuten. Davon ist die erste Hälfte ausschließlich der Begräbnismusik gewidmet, die zweite Hälfte dem eigentlichen Begräbnisritual. Während der Begräbnismusik steht der Sprecher als Berg so majestätisch, unerschütterlich und reglos als möglich da, Daniel und Manuela sind tot, die Sängerin singt mit neutralem, ernsten Ausdruck, wie bei einem Oratorium.
S: Ah e o Oh Ah Ah

Begräbnisritual
Während die Streicher im Hintergrund autonom ihr Trauerspiel absolvieren, spielt sich im Vordergrund folgende Szene ab:
Der Sprecher: Deckt Daniel mit dem Leintuch zu, extrem langsam, von den Füßen aufwärts zu, stellt sich dabei über den Körper, ein Fuß links, einer rechts, und vergleicht immer wieder seine mit den Bewegungen der Sängerin, damit der Vorgang so synchron als möglich abläuft.
Die Sängerin: Deckt Manuela mit dem Leintuch zu, extrem langsam, von den Füßen aufwärts zu, stellt sich dabei über den Körper, ein Fuß links, einer rechts, und vergleicht immer wieder ihre mit den Bewegungen des Sprechers, damit der Vorgang so synchron als möglich abläuft.
Sobald die beiden Körper vollständig zugedeckt sind, fallen Sprecher und Sopran gleichzeitig neben den beiden Leichen auf die Knie und werfen sich laut schluchzend darauf - dies in normaler Geschwindigkeit.
Dann stellen sich Sprecher und Sängerin, gegenseitig zugewandt und wieder in Zeitlupe, an den Seiten von D+M auf und starren sich 10 Sekunden reglos an, bevor sie mit ausladender Geste, immer synchron, aus dem Blumenkörbchen Trockenblumen über die Leintücher streuen.
Wieder mit normaler Geschwindigkeit teilen Sprecher und Sängerin allen im Publikum Fühler aus, den ersten werden diese gleich aufgesetzt, der Rest ausgeteilt. Ohne zu sprechen geben Sängerin und Sprecher zu verstehen, dass alle ihre Fühler aufsetzen sollen, und leiten dann die "Prozession der Käfer":
Der Sprecher geht vor, hält dabei das Schild mit dem Titel "Die Prozession der Käfer" hoch. Die Sängerin geht hinterher und schaut, dass sich keiner verirrt.
Während die Streicher immer noch unabhängig ihr Trauerspiel absolvieren, dreht die Prozession eine Runde um die beiden Leichen, wobei leise, aber rhythmisch geschluchzt wird, begleitet von Körperbewegungen wie beim Regentanz der Indianer. (Versuchen, auch das Publikum dazu zu animieren!)
Die Prozession ist zu Ende, wenn Daniel und Manuela plötzlich laut klatschen, "Bravo!" und "Zugabe!" rufen.

Trauerspiel der Streicher:
Larghissimo, sehr langsam - auch die Aktionen alle wie in Zeitlupe, kein fixes Zeitmaß
Die Streicher spielen einige Töne, schwingen das Instrument ähnlich wie ein Weihrauchfass und befolgen immer wieder, jeder für sich, folgende Anweisungen:
1) Nimmt ein Papiertaschentuch aus der Tempopackung (dabei absichtlich rascheln).
2) Schwenkt Taschentuch mit ausholender Bewegung.
3) Schnäuzt sich geräuschvoll und schluchzend.
4) Wischt sich eine Träne links, eine rechts ab.
5) Schlägt Hände mit Instrument in der Hand überm Kopf zusammen.
6) Berührt heulend das Knie mit dem Kopf: "BUHU!"
7) Wirft das Taschentuch Richtung Publikum.
Dies alles ad lib. wiederholen bis D+M "Bravo!" rufen.
Die Streicher legen die Instrumente weg.
Vl I, Vl II + Vla klatschen auch, rufen "Bravo" und "Zugabe" und "Suuuper" usw.
Vc hält zugleich Schild mit "ENDE" in die Höhe.

Ende der Oper.